Die aktuelle Studie von Foodwatch und IPPNW (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg) “Kalkulierter Strahlentod” legt den Finger in eine offene Wunde: Die offiziellen Strahlenschutzgrenzwerte für Nahrungsmittel sind widersprüchlich und viel zu hoch festgelegt. Grundsätzlich gilt: Es gibt keine sicheren Radioaktivitätsgrenzwerte, sondern jede Strahlung ist möglichst zu vermeiden. Bei den derzeit geltenden Grenzwerten regiert nicht das Vorsorgeprinzip, sondern das bange Hoffen, dass Nahrungsmittel immer weit unterhalb der geltenden Grenzwerte belastet sind.
Foodwatch und IPPNW weisen durch ihre Rechnung nach, dass Kleinkinder alleine durch Nahrungsaufnahme eine Strahlendosis von mehr als 80 Millisievert und Erwachsene bis zu 33 Millisievert pro Jahr erhalten können, bei ausschließlichem Verzehr von Nahrungsmitteln und Getränken, die mit Radionukliden in Höhe der geltenden EU-Grenzwerte belastet sind.
Die EU-weit uneinheitlichen Grenzwerte sorgen dafür, dass viele Nahrungsmittel, die in der Ukraine und Belarus nicht in den Verkauf kommen dürfen, in Deutschland problemlos abgesetzt werden können. In den genannten Ländern hat der Super-GAU von Tschernobyl dazu geführt, dass die geltenden Grenzwerte strenger gefasst wurden. Eine Konsequenz daraus, dass die dort lebenden Menschen oft nicht anders konnten als kontaminierte Lebensmittel zu essen.
Die Studie legt nahe, dass die geltenden Nahrungsmittel-Strahlenschutzgrenzwerte deutlich herabgesetzt werden müssten. Eine Verpflichtung zur Absenkung kann aus dem Lissabon-Vertrag Art. 191 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) abgeleitet werden. Da ausreichend Lebensmittel mit erheblich geringerer radioaktiver Belastung verfügbar sind, besteht keine Notwendigkeit, den Menschen so hochbelastete Produkte zuzumuten. Foodwatch und IPPNW fordern daher eine drastische Absenkung der Grenzwerte: Von bisher 370 (für Japan-Importe derzeit 200) auf 8 Becquerel Cäsium pro Kilogramm für Säuglingsnahrung und Milchprodukte sowie von 600 (für Japan-Importe derzeit 500) auf 16 Becquerel Cäsium pro Kilogramm für alle anderen Nahrungsmittel.
Greenpeace fordert:
- Grenzwerte müssen sich am Gesundheitsschutz der Bevölkerung orientieren.
- Wir brauchen eine Debatte um Grenzwerte. Warum darf radioaktive Nahrung, die in der Ukraine und Weißrussland nicht mehr gegessen wird, aufgrund unserer hohen Grenzwerte noch in den Handel kommen?